21. August 2024 / Aus aller Welt

Lebenserwartung legt wieder zu - mit viel Luft nach oben

Das Statistische Bundesamt spricht von einem «deutlichen Aufholeffekt» bei der Lebenserwartung. Was die Delle verursacht hat, liegt auf der Hand. Aber was bringt die Zukunft?

Nach dem Ende der Corona-Pandemie steigt die Lebenserwartung wieder an. Die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt betrug in Deutschland im Jahr 2023 für Frauen 83,3 Jahre und für Männer 78,6 Jahre. Das berichtet das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. 

Die Lebenserwartung ist damit bei beiden Geschlechtern im Vergleich zum Vorjahr um etwa 0,4 Jahre gestiegen. Während der Corona-Jahre 2020 bis 2022 war die Lebenserwartung sowohl bei Männern als auch bei Frauen um 0,6 Jahre im Vergleich zu 2019 gesunken. «Das Niveau aus dem Jahr 2019 ist somit noch nicht wieder erreicht – es zeigt sich jedoch ein deutlicher Aufholeffekt», heißt es vom Bundesamt.

Wie geht die Entwicklung weiter?

Für Pavel Grigoriev, den Leiter der Forschungsgruppe Mortalität beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), sind die Ergebnisse «keine große Überraschung»: Dass es zu einem Aufholeffekt kommen würde, sei zu erwarten gewesen, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Man kehre «zurück zum langfristigen Trend». Vor 2019 war die Lebenserwartung kontinuierlich angestiegen. Für 2024 erwartet der Forscher einen erneuten Anstieg um 0,1 oder 0,2 Jahre. 

Wichtig ist dabei zu wissen: Die «Lebenserwartung bei Geburt» fasst die Sterblichkeit über alle Altersjahre hinweg in einem Wert zusammen. Dieser Wert ist von der Altersstruktur und von der Größe der Bevölkerung unabhängig. Die Lebenserwartung ist deshalb besonders gut für Zeitvergleiche geeignet, wie die Statistiker erklären. 

Lebenserwartung nicht gleich Lebenserwartung

Es handelt sich - trotz des Namens - nicht um eine Prognose für heute Neugeborene. In den aktuellen Voraussagen dafür wiederum könnten im Jahr 2023 geborene Jungen - je nach Trendvariante - rund 81 bis 90 Jahre und Mädchen etwa 85 bis 93 Jahre leben. 

Die beiden Werte für die Lebenserwartung werden unterschiedlich berechnet: Die «Lebenserwartung bei Geburt» basiert auf sogenannten Periodensterbetafeln, die Lebenserwartung einzelner Geburtsjahrgänge wird anhand von sogenannten Kohortensterbetafeln vorausgesagt.

Mit den Periodensterbetafeln schaut man auf die Gegenwart: Die «Lebenserwartung bei Geburt» besagt, wie lange Neugeborene durchschnittlich leben würden, wenn sie den aktuellen Überlebensverhältnissen ausgesetzt wären. Mit den Kohortensterbetafeln blicken Statistiker nach vorn: Hier werden Annahmen einbezogen, wie sich die Sterblichkeitsverhältnisse in Zukunft verändern könnten. 

Westdeutsche Männer leben länger

Bleiben wir bei Variante eins. Hier lohnt ein Blick auf Frauen und Männer, Ost und West. Denn der Aufholeffekt verläuft unterschiedlich, wie die Daten zeigen. Im Osten stieg die Lebenserwartung bereits im Jahr 2022 wieder, während sie in Westdeutschland weiter zurückging. 2023 stieg die Lebenserwartung in beiden Landesteilen.

Frauen in beiden Landesteilen leben inzwischen wieder - wie vor der Pandemie - annähernd gleich lang. Männer im Westen hingegen leben 1,4 Jahre länger als im Osten. Während der Pandemie war dieser Unterschied von einem ähnlichen Niveau im Jahr 2019 auf 2,3 Jahre im Jahr 2021 angestiegen. Studien zufolge hängt das mit dem schlechteren Gesundheitszustand ostdeutscher Männer zusammen.

International zurückgefallen

Deutschland gehört in Westeuropa zu den Schlusslichtern bei der Lebenserwartung - und verliert weiter an Anschluss. Das zeigte jüngst eine aktuelle Studie des BiB und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung, die die Sterblichkeitstrends über mehrere Jahrzehnte untersucht hat. 

Im Jahr 2000 betrug der Rückstand Deutschlands zur durchschnittlichen Lebenserwartung bei Geburt in Westeuropa rund 0,7 Jahre. Bis 2022 hat sich der Abstand auf 1,7 Jahre vergrößert. «Der langjährige Rückstand in der deutschen Lebenserwartung scheint sich wesentlich durch eine höhere Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im fortgeschrittenen Erwachsenenalter bzw. Rentenalter zu erklären», erklären die Autoren.

 


Bildnachweis: © Kimimasa Mayama/epa/dpa
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